Die Rot-Eiche (Quercus rubra) ist Baum des Jahres 2024

von Bernhard Simon

Ihr offizieller Name lautet Amerikanische Rot-Eiche und damit wird klar: Sie ist nicht von hier. Sie stammt aus den Nadel- und Laubmischwäldern in der östlichen Hälfte Nordamerikas. Ihr Vorkommen dort reicht vom Ostrand der zentral gelegenen Prärien bis an die Atlantikküste und vom südlichen Rand der kanadischen Taiga bis fast an die Küsten des Golfs von Mexiko. Unter den zahlreichen dort vorkommenden Eichenarten zählt sie zu den häufigsten und am weitesten verbreiteten. Sie ist in den meisten der unterschiedlichen Waldtypen dieses großen Gebiets als Mischbaumart vertreten. Nur in zweien davon ist sie die dominierende Mischbaumart.

Eindrucksvoll sind ihre in Rottönen schwelgenden Blätter im späten Herbst. In den nördlichen Regionen ihres Verbreitungsgebietes ist sie maßgeblich an der Farbenpracht des berühmten Indian Summers beteiligt.

Die Rot-Eiche ist vor 300 Jahren über Frankreich nach Europa gekommen und wurde zunächst vor allem in Parks, Botanischen Gärten und herrschaftlichen Alleen angepflanzt. Ein holz- und forstwirtschaftliches Interesse war zunächst recht gering und nahm erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich zu. Heute ist sie als Kulturforstpflanze in weiten Teilen Europas in den holzwirtschaftlich genutzten Wäldern von Südskandinavien bis nach Nordspanien, Norditalien und bis in die Balkanregion sowie von Südengland bis in die Ukraine und noch weiter östlich im angrenzenden russischen Wolgagebiet anzutreffen.

Baum des Jahres 2025: Amerikanische Rot-Eiche (Bildautor: Andreas Gomolka)

Eigenschaften der Rot-Eiche

Die Rot-Eiche ist ein Baum, der – wenn er frei steht – um die 25 Meter hoch werden kann. In dichteren Waldbeständen schafft sie aber durchaus auch 35 Meter. Ihre Krone fällt in jüngeren Jahren eher kegelförmig aus, geht aber bei frei stehenden Bäumen mit zunehmendem Alter deutlich in die Breite.

Ihr augenfälligstes Erkennungsmerkmal sind ihre langstieligen, recht großen, spitz gelappten Blätter (20-25 cm, gelegentlich auch 30-35 cm lang), wobei der Rand der einzelnen Lappen noch mit wenigen unregelmäßig verteilten kleinen spitzen Zähnen besetzt ist. Auf den ersten Blick wirken diese Blätter fast schon bizarr. Nicht jeder erkennt sofort die Ähnlichkeit im Bauplan mit den kleineren und rundgelappten Blättern unserer heimischen Eichen. Allerdings ist die Blattform durchaus variabel. Die Blätter der Lichtkrone sind tiefer eingebuchtet und lassen deshalb mehr Licht zu den flächiger geformten Blättern der Innenkrone durch. Zur herbstlichen Rotfärbung der Blätter ist noch zu ergänzen, dass sie bei alten Bäumen und auf Standorten mit schlechter Wasserversorgung schwächer oder gänzlich ausfällt und die Blätter sich direkt braun färben.

Junge Rot-Eiche in Herbstfärbung (Bildautor: Andreas Roloff)

Es gibt noch einige weitere aus Nordamerika stammende Rot-Eichenarten bei uns – nicht in den Wäldern, aber in unseren Parks, städtischen Grünanlagen und als Straßenbäume: die Sumpf-Eiche, die Scharlach-Eiche und die Färber-Eiche. Deren Blattarchitektur ist zumindest ähnlich und ebenfalls variabel. Und Rotfärbungen im Herbst zeigen sie auch alle. Da sind dann zur exakten Bestimmung doch schon eher die Spezialisten gefragt.

Ungewöhnlich ist auch die Rinde der Rot-Eiche. Die typische Eichenborke, wie wir sie hier von unseren heimischen Eichen kennen, gibt es bei der Rot-Eiche nicht. Deren Rinde ist zumindest in den ersten zwei, drei Jahrzehnten glatt und grau, ähnlich der Rinde der Rot-Buche. Später reißt sie dann nach und nach in senkrechte parallel verlaufende, tiefe Rillen („Skispuren“) und in unregelmäßig große, flächige Borkenbereiche auf.

Die neuen Triebe, die Blätter und die nach Geschlecht getrennten Blüten treiben gleichzeitig oder nur wenige Tage zeitversetzt aus – gelegentlich schon ab Mitte April, meist erst ab Anfang Mai. Die männlichen Kätzchenblüten hängen  in Büscheln meist am Ende des Vorjahresaustriebs, während die weiblichen Blüten – einzeln oder in kleinen Gruppen – eher unscheinbar klein in den Achseln der Blätter am Neuaustrieb stehen. Im Zeitraum der Empfängnisbereitschaft fällt allerdings ihr tiefrot gefärbter Stempel auf.

Rot-Eichen fruchten, wenn sie frei stehen, etwa ab 25 Jahren, innerhalb des Waldes aber erst ab etwa 50 Jahren. Die abgerundet tonnenförmigen und bis zu 3 cm langen Eicheln stehen in einem relativ flachen Becher. Sie reifen – darin unterscheiden sie sich von unseren heimischen Eichen – nicht im selben Jahr, sondern erst im Verlauf des folgenden Jahres ab Ende August.

(Quelle: Baum des Jahres, Text: Dr. Rudolf Fenner)

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