Baumarktbranche beendet schwieriges Jahr 2021 im Minus

von Bernhard Simon

Dass das zweite Jahr unter Pandemiebedingungen für alle Beteiligten in der DIY-Branche schwierig werden würde, war früh abzusehen. Die Bau- und Gartenfachmärkte mussten die politische Entscheidung akzeptieren und trotz nachgewiesener Systemrelevanz und Sicherheit der Flächen gemeinsam mit anderen Branchen in den harten Lockdown gehen, der das stationäre Geschäft bis in weite Teile des Frühjahres 2021 lahmlegte.

Auch beim Wetter gab es anders als in den Vorjahren kein Glück: Der extrem lange Winter wurde von einem nassen, in Teilen sogar katastrophalen Sommer abgelöst. Dass am Jahresabschluss ein Umsatzminus steht, ist allerdings auch dem direkten Vergleich mit den atypischen Zuwachsraten aus 2020 geschuldet. Unter dem Strich erlösten die Bau- und Gartenmärkte in Deutschland 20,33 Mrd. Euro, dies entspricht einem Minus von -8,2 Prozent, auf vergleichbarer Fläche minus – 9,1 Prozent.

 

Dies ist allerdings keinesfalls als Negativ-Trend zu sehen, wie Franz-Peter Tepaß, Sprecher des BHB-Vorstands, betont: „Der direkte Vergleich mit den hohen Zuwachsraten von 2020 – die Branche schloss in diesem Jahr bekanntlich mit einem Plus von +13,8 Prozent ab – spiegelt keinesfalls die derzeitig sehr gute Verfassung der Branche wider. Setzt man die Entwicklung 2021 in Bezug zum Vor-Pandemiejahr 2019 zeigt sich, dass die Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland ihren soliden Wachstumskurs mit einem Plus von 4,5 Prozent unbeirrt fortsetzen können.“

Auch BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst sieht die Entwicklung optimistisch: „Wir alle haben gelernt, dass unser „Zuhause“, das „Dach-über-dem-Kopf“ etwas Schönes und Wichtiges ist. In Krisenzeiten wird das Zuhause umso wichtiger als Rückzugsort, Platz für die eigene Kreativität und Selbstverwirklichung. Aber man muss sich auch darum kümmern. Die passenden Produkte und Ansprechpartner für Modernisierung, Reparatur und Verschönerung des eigenen Zuhauses stellt die Branche online und in unseren Märkten zur Verfügung.“ Dass dies so bleibt, erfordert nicht unerhebliche Kraftanstrengungen der gesamten Branche – was eindeutig auch Lieferanten und Dienstleister mit einbezieht.

René Haßfeld, Finanzvorstand und stellvertretender Sprecher des BHB-Vorstands, wirbt deshalb erneut darum, die gemeinsamen Anstrengungen zu verstärken: „Die äußeren Rahmenbedingungen fordern uns derzeit mit chaotischen Lieferketten, unvermeidlichen Preisanpassungen und auch neuen politischen Konstellationen, deren Auswirkungen noch nicht abschätzbar sind. Deshalb wird es umso wichtiger sein, dass alle Beteiligten auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten, die Bau- und Gartenfachmärkte zukunftssicher aufzustellen, die Prozesse weiter krisensicher zu machen und vor allem so zu agieren, dass die Kunden unsere Unternehmen dauerhaft als ihre Ansprechpartner für Home- und Garden-Improvement akzeptieren.“

Umsatzzahlen spiegeln chaotischen Jahreslauf

Beginnend mit dem 16. Dezember 2020 setzte die Bundesregierung den sogenannten harten Lockdown an, der die Baumärkte zur Gänze und zumindest in Teilen auch die Gartencenter betraf. Was natürlich auch auf die Umsatzentwicklung durchschlug: Im ersten Quartal gingen die Umsätze um 21,3 Prozent zurück (3,45 Mrd. Euro). Dass die Rückgänge nicht noch stärker zu Buche standen, ist der schnellen und umfangreichen Reaktion des Handels zu verdanken, der sich zügig mit Click&Collect, flexibler Belieferung der Kunden und verschiedenen Zugangs-und Kontrollmodellen in und an den Märkten arrangiert hat.

Quartal 2 fiel dann mit minus -11,6 Prozent (6,58 Mrd. Euro) bereits wieder moderater aus, allerdings wirkte sich hier der extrem lange und nasskalte Winter bzw. verregnete Frühling auf die Stimmung der Verbraucher aus, besonders in den Gartensortimenten.

Das 3. Quartal (-2,2 Prozent/ 5,38 Mrd. Euro), zeigte (besonders im Vergleich zum starken Vorjahr) schon fast wieder Normalwerte, bevor die Branche dann im Schlussquartal in die Pluszahlen zurückkehrte (+2,0 Prozent/ 4,92 Mrd. Euro).

Österreich und Schweiz mit umgekehrten Vorzeichen

Eine ähnliche Rallye, nur mit umgekehrten Voraussetzungen, brachten die Bau- und Gartenfachmärkte in den Nachbarländern im Jahr 2021 hinter sich. In Österreich startete das Jahr mit unglaublichen plus +35,3 Prozent in Quartal 1 (0,63 Mrd. Euro) – und dies nach einem umfassenden Lockdown bis Anfang Februar. Der weitere Jahreslauf präsentierte sich dann weitaus gedämpfter: Q2 mit -4,2 Prozent (0,98 Mrd. Euro) bzw. Q3 mit -4,4 Prozent (0,78 Mrd. Euro) zeigten angesichts der in der Alpenrepublik recht stramm gehandhabten (Teil)-Lockdownregelungen erwartbare Ergebnisse. Auch das Schlussquartal blieb mit -2,0 Prozent (0,65 Mrd. Euro) noch „rot“, bestätigte aber die Aufwärtstendenz.

Auch die Schweizer DIY-Branche begann mit enormen Zuwächsen: +46,5 Prozent in Quartal 1 (0,90 Mrd. CHF), allerdings auch dies gegen einen Lockdown-Zeitraum in 2020 gespiegelt. Hier blieb auch das 2. Quartal im Plus (+3,6 Prozent, 1,25 Mrd. CHF) bevor in Q3 (-8,3 Prozent/ 0,86 Mrd. CHF) und Q4 (-3,6 Prozent/ 0,91 Mrd. CHF) wieder ein Rückgang durchschlug.

In beiden Ländern zeigen die Gesamtzahlen über das Jahr 2021 (Österreich: +2,5%/3,04 Mrd. Euro und Schweiz +5,8%/ 3,92 Mrd. CHF) sehr deutlich, dass sich auch hier die Bau- und Gartenfachmärkte in einem soliden Wachstumstrend befinden.

Sortimente: Holz ist gefragt wie nie

Auch in der Sortimentsentwicklung zeigt sich die volatile Situation sehr deutlich. Auch hier verglichen mit einem enorm starken Vorjahr – mit zweistelligen prozentualen Zuwächsen in fast allen Bereichen – stellt sich nun vieles wieder auf „Normalmaß“ um. Mit Holz (+4,1%) und Saisonwaren(+0,6%) sind tatsächlich nur zwei Produktbereiche überhaupt im Plus. Stärkste Rückgänge verzeichnen in Deutschland besonders die Bereiche Gartenmöbel (-19,3%) Anstrichmittel/ Malerzubehör (-18,0%) und Eisenwaren/Sicherungstechnik (-15,8%).

In Österreich zeigt der Produktbereich Holz ebenfalls die größte Zuwachsrate (+13,2%). Ebenfalls viel gefragt waren Produkte aus dem Bereich Automotive (+12,6% und Lebend Grün (+10,1%). Stärkste Rückgänge waren bei Anstrichmittel/Malerzubehör (-9,4%) und Möbeln (-6,2%) zu verzeichnen.

In der Schweiz konnte der Bereich Lebend Grün mit einem Plus von +20% überraschend großen Zuwachs verzeichnen. Holz ist hier mit +13,1 % ebenfalls sehr stark.

Standortnetz präsentiert sich erneut sehr stabil

Auch, wenn die Kunden an vielen Stellen die komfortablen Einkaufsmöglichkeiten innerhalb des Interconnected Retail schätzen gelernt haben: Das Netz der Bau- und Gartenfachmärkte bleibt seit Jahren nahezu unverändert und zeigt auch in der Krise keine echte Erosion. Lediglich vier Standorte beträgt der Abwachs im letzten Jahr, so dass derzeit in Deutschland 2.091 Baumärkte laut BHB-Definition (VK-Fläche größer 1.000 qm) und meist mit angeschlossenem Gartencenter agieren. Weiterhin halten hier die Baumärkte mit Innenverkaufsflächen zwischen 5.000 und 7.500 Quadratmetern den Löwenanteil (25%), dicht gefolgt von den Mittelflächen zwischen 3.000 und 5.000 Quadratmetern (21%) und den Großflächen zwischen 7.500 und 10.000 qm (20%).

Diese Zahlen zeigen, dass die Branche auch in 2021 an der Modernisierung und Aufwertung der Flächen gearbeitet hat: Trotz vier Standorten weniger wächst die Gesamtverkaufsfläche um 26.000 qm. In den Zahlen sind die vielen Modernisierungen auf bestehender Fläche nicht enthalten, die beständig die Attraktivität der Märkte für die Kunden und Kundinnen erhöhen.

In der längerfristigen Betrachtung zeigt sich aber auch klar, dass sich die Branche in einem ständigen Anpassungsprozess befindet und sich nicht auf den Erfolgen ausruht: Die Zahl der Standorte sank in den letzten zehn Jahren um 289 (13%), die Verkaufsfläche um etwa eine Mio. qm.

Keine Prognosezahlen für 2022

Auch in diesem Jahr wird der BHB auf eine zahlenbasierte Prognose verzichten. Um eine solche sinnvoll zu erstellen, müssen zumindest die Rahmenbedingungen einigermaßen kalkulierbar sein – was derzeit sowohl in Bezug auf die pandemische Entwicklung, mehr aber noch auf die Unwägbarkeiten der Lieferkette bzw. einer politischen Entwicklung wie der Ukraine-Krise nicht zutrifft. Zu viele unkalkulierbare Einflüsse machen derzeit eine belastbare Berechnung unmöglich – neben den Hardfacts wie Inflations- und Lohnentwicklung, Energiepreisen, Logistikkosten etc. wird es ganz wesentlich auch auf die Stimmung der Verbraucher ankommen. Diese hängt von Auswirkungen politischer Entscheidungen der neuen Ampel-Koalition oder der Kommunikation von Öffnungsschritten ebenso ab wie von evtl. wiedererlangten Reisemöglichkeiten etc.

Grundsätzlich sehen die Verantwortlichen der Handelsunternehmen die Entwicklung aber mit Optimismus: „Die Branche begleitet die Menschen mit Produkten, Dienstleistungen und Beratung in vielen Lebensbereichen. Auch, aber nicht nur in Krisenzeiten gehören Bau- und Gartenmärkte fest zum Alltag der Menschen dazu. Wenn wir uns weiterhin klar an den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden orientieren, sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung für die Unternehmen unserer Branche“, betont BHB-Vorstandssprecher Franz-Peter Tepaß.

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Bernhard Simon – 
Dienstleistungen für die “Grüne Branche”

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