Bau- und Gartenmärkte: Umsätze im ersten Halbjahr steigen um 15,6 %

von Bernhard Simon

Die Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland haben die erste Phase der Corona- Krise seit März gut bewältigt. Dabei haben sie nicht nur ihre Systemrelevanz deutlich unter Beweis gestellt, sondern für Kunden wie Mitarbeiter Verantwortung übernommen und auch die Wirtschaftlichkeit als Grundlage für die über 480.000 mittelbar anhängigen Arbeitsplätze bisher gut gemeistert.

Dies führte dazu, dass die Handelsbetriebe der DIY- und Gartenbranche in Deutschland im ersten Halbjahr einen Umsatz von 11,82 Mrd. Euro und damit einen Zuwachs von +15,6 Prozent (auf bereinigter Fläche von +16,0 Prozent) verbuchen konnten. Auch die DIY-Händler in Österreich (1,49 Mrd. Euro, + 8,3 Prozent, flächenbereinigt +7,1 Prozent) und der Schweiz (1,82 Mrd. CHF, + 3,5 Prozent, flächenbereinigt +3,6 Prozent) zeigten in der Krise trotz teils langer Marktschließungen sehr gute Performance.

Allerdings stellen die derzeit guten Zahlen zunächst einmal nur eine Momentaufnahme in einer sehr volatilen Sonderkonjunktur dar. Auf ein insgesamt positives Umsatz- und dann in der Folge auch ein gutes Jahresergebnis werden die nächsten Monate entscheidenden Einfluss haben.

Für die DIY- und Gartenfachmärkte war die erste Phase zu Beginn der Corona- Pandemie eine echte Herausforderung. Waren zunächst rund ein Viertel aller Bau-und Gartenfachmärkte in Deutschland (in Österreich und der Schweiz über viele Wochen sogar fast alle Märkte) im Zuge des ersten Shutdowns auf behördliche Anweisung geschlossen, änderte sich dieses Bild jedoch schnell. Flächendeckend haben lokale, regionale und landesweite Behörden – auch auf Betreiben des BHB hin – die Systemrelevanz der Branche erkannt und durch Öffnungsgenehmigungen untermauert.

Für die Betriebe der Branche (Handel und Produktion) bedeutete diese Sondererlaubnis natürlich eine existenzielle Überlebenssicherung. Aber die Auflagen, die in der Branche einzigartig schnell und frühzeitig umgesetzt wurden, brachten auch enorme personelle und finanzielle Herausforderungen mit sich.

BHB-Vorstandssprecher Peter Tepaß dazu: „Die Größe unserer Verkaufsflächen war eine gute Ausgangsbasis für hohe Sicherheitsstandards. Es galt dann sofort, für die hohe Mitarbeiterzahl und die Kunden aufwändige Sicherungsmaßnahmen einzurichten und Konzepte zur sicheren Kundenführung zu entwickeln und umzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt entwickelten sich auch die sehr strengen Hygienevorschriften erst schrittweise. Im enger Abstimmungen mit den Behörden wurden die Konzepte verfeinert. Dass die Umsetzung in der Branche vorbildlich erfolgte, haben die anfangs nahezu täglichen Kontrollen der örtlichen Gesundheitsbehörden bestätigt“.

Die Zahlen, die der BHB in den Mitgliedsbetrieben aktuell abgefragt hat, stützen diese Einschätzung. So liegt die Anzahl der an COVID19 erkrankten Mitarbeiter im Baumarkthandel bei einem extrem niedrigen Prozentsatz zwischen 0,05 – 0,1 % (lt. Robert-Koch-Institut beträgt der bundesdeutsche Durchschnittswert rd. 0,24%). Diese Infektionen erfolgten aber alle im privaten Umfeld der Mitarbeiter sowie im Urlaub. Derzeit ist kein Fall bekannt, bei dem ein Mitarbeiter sich bei Kunden oder Kollegen angesteckt hätte.

Dies hat – neben der schnellen Implementierung von Sicherungsmaßnahmen – auch mit der vorhandenen Infrastruktur zu tun: Die Verkaufsfläche im Baumarkt hat in der Handelslandschaft eine einzigartige Raumkubatur. Die vorhandenen Raumhöhen und -größen – in Verbindung mit offenen Flächen und guter Belüftung – lassen kritische Aerosolkonzentrationen eher unwahrscheinlich werden.

Zu den größten Herausforderungen für die Händler in der ersten Corona-Phase gehörte die Logistik der Lieferketten. Besonders die teils lange blockierten Importrouten aus Asien, aber auch die Grenzsperren machten den Warenfluss zu den Verkaufsstellen schwierig. Hier haben die Logistikexperten des Handels, aber ausdrücklich auch der Lieferanten, ihre Aufgaben mehr als beachtlich erfüllt und konnten so dazu beitragen, die Versorgung der Kunden sicherzustellen.

Ein Grund für die Sonderöffnung war die breite und tiefe Sortimentierung der DIY-Handelsunternehmen und dadurch die Abdeckung vieler, systemrelevanter Leistungen. Direkt verfügbar bzw. kurzfristig online zulieferbar halten die Baumarkthändler in Deutschland, Österreich und der Schweiz weit über 350.000 Artikel vor – und die Kunden haben diese Handelskompetenz in der Corona-Phase intensiv genutzt, wie der Blick auf die Umsätze und die Details der Sortimentsentwicklungen zeigt.

In Pandemiezeiten besonders spannend ist der Blick in die Veränderungen bei den einzelnen Sortimentsgruppen. Hier ist deutlich abzulesen, welche Sorgen und Probleme die Kunden beschäftigt haben und welche Produkte und Projekte während der Kontaktbeschränkungen umgesetzt wurden.

In Deutschland lässt sich dabei ein klarer Trend festhalten: Die Menschen haben in ihrem Zuhause repariert, saniert, renoviert und dekoriert – und zu diesem Zuhause gehört, auch anhand der Zahlen deutlich erkennbar, der gesamte Gartenbereich untrennbar dazu. In den Zahlen enthalten sind auch die ersten Auswirkungen des „Sommers daheim“ und die verstärkte Einbeziehung von Garten und Balkonen in die Wohnkonzepte der Kunden.

Spitzenreiter unter den Umsatzzuwächsen in den 22 vom Total-Store-Report erfassten Sortimentsgruppen:

▪ Anstrichmittel/ Malerzubehör: + 37,6 %

▪ Holz (auch Gartenholz): +29,1 %

▪ Gartenausstattung (inkl. Gartenhäuser): +25,1 %

▪ Bauchemie/ Baumaterial: +24,9 %

▪ Gartenmöbel: +21,4 %

Weitere Positiv-Nachricht: Nahezu alle Produktgruppen rangieren in deutschen Bau-und Gartenfachmärkten zum Halbjahr meist deutlich im Plus. Unterperformer gab es nur in den Segmenten Automotive (-7,9 %) bzw. Technik/Büro/Unterhaltung (-7,4 %).

In Österreich ergibt der Blick auf die Sortimente ein recht ähnliches Bild. Auch hier rangieren Farben/Malerzubehör (+25,1 %) und Holz (+17,6 %) vorn. Weniger umgesetzt wurden interessanterweise Gartenmöbel (-14,9 %) und Technik/Büro/Unterhaltung ( -11,2 %).

In der Schweiz verzeichnen die Warengruppe Sonstiges (+20,3 %) sowie Bauelemente (+15,4 %) die stärksten Zugewinne. Verloren haben die Segmente Automotive (-13,3 %) und Technik/ Büro/Unterhaltung (-10,9 %).

Branche schaut trotz unsicherer Entwicklung optimistisch in die Zukunft

Die derzeit guten Umsätze werden aber nicht automatisch das Jahresergebnis vorzeichnen. Dazu sind die aktuellen Entwicklungen schlicht zu unberechenbar und hängen unmittelbar mit der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf Öffnungsmodalitäten und (weiterhin) notwendige und teure Sicherheitsmaßnahmen zusammen.

Auch haben die Kunden, in den letzten Monaten oft mit ungeplanten Zeit- und (Urlaubs-) Geldpolstern ausgestattet, viele Renovierungs-, Verschönerungs- und Erweiterungsprojekte in Ihrem Zuhause bereits umgesetzt, was zu den guten Umsätzen beigetragen hat. Diese Effekte lassen sich nicht ohne weiteres wiederholen und erschweren auch die Planung 2021.

„Dennoch befinden wir uns in einer vergleichsweise ausgezeichneten Ausgangslage“, schaut Dr. Peter Wüst, Hauptgeschäftsführer des BHB, optimistisch in die Zukunft. Neben den puren Umsatzfakten weisen auch die Ergebnisse einer BHB-Sonderumfrage durch den Kundenmonitor der ServiceBarometer AG deutliche Positiv-Signale nach (Erhebung im Juni 2020).

Interessante Ergebnisse daraus:

▪ 81 % der Befragten* haben in den vergangenen sechs Monaten in einem Bau-oder Gartenfachmarkt eingekauft. Dies sind bislang unerreichte Werte. Erfreulich zudem: Dieser hohe Wert zieht sich durchgehend durch alle Altersgruppen, von 76% bei den über 70jährigen bis zu 83% bei den 16- bis 29-jährigen.

▪ mit über 58% waren Projekte im Garten (inkl. Selbstversorgung mit Gemüse, Obst und Kräutern) laut Umfrage der häufigste Einkaufsgrund; gefolgt von Renovieren/Modernisieren/Umbauen (35%) und Verschönern und Dekorieren (ebenfalls 35%). Immerhin 23% kamen für Wartung und dringende, unaufschiebbare Reparaturen in die Märkte (dieser Wert entspräche bspw. 18,7 Mio. Einwohnern in Deutschland).

▪ 95% der Befragten mit geplanten Do-it-yourself-Projekten suchen und finden ihre bevorzugte Einkaufsquelle im Bau- und Gartenfachmärkten. 35% sehen die Branchenhändler als “äußerst wichtig“, 37% als „sehr wichtig“ und weitere 23% als „wichtig“ für die Umsetzung ihrer DIY-Vorhaben an.

▪ 97% der Befragten mit Bedarf verbinden mit Bau- und Gartenmärkten die Themen Selbermachen und Selbstversorgung; 90% die Versorgung bei kurzfristigen Reparaturen.

▪ 65% der Befragten wollen Ihre Produkte sofort verfügbar haben, für über 54% zählt die enorme Produktauswahl. Fast jeder zweite Kunde sucht die persönliche Beratung (47%): Auch hier sind die Bau- und Gartenmärkte erste Wahl.

„Mit den Ergebnissen dieser Befragung, die ja nur teilweise die Einflüsse der Corona- Entwicklung widerspiegelt, können wir sehr zufrieden sein“, betonen die BHB-Vorstände Peter Tepaß und René Haßfeld unisono. „Die Zahlen zeigen sehr deutlich, dass sich die Bau- und Gartenfachmärkte auf dem richtigen Weg befinden. Durch verschiedene Umstrukturierungen in den letzten Jahren, gerade bei so wichtigen Themen wie Logistik/Warenfluss oder der Neudefinition der Verkaufsflächen werden die Standorte ebenso zukunftsfit wie attraktiv gestaltet. Der Ausbau der Onlineangebote für Information, Beratung und Einkauf geht auf die Kundenbedürfnisse ein und macht mit innovativen Leistungen die Kunden auf die Angebote neugierig. Die repräsentative Befragung der ServiceBarometer AG zeigt, dass dies schon zu einem guten Teil gelungen ist. Der DIY-Handel in Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt nicht nur in Krisenzeiten seine Relevanz und Stressresistenz, sondern wird generell auch in Sachen Einkaufserlebnis geschätzt. Und hier ist erfreulicherweise die junge Generation mit an Bord, eine Tatsache, die für unsere zukünftige Ausrichtung besondere Bedeutung hat.“

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Bernhard Simon – 
Dienstleistungen für die “Grüne Branche”

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