Die Branchenfamilie traf sich gestern zum zweiten Veranstaltungstag, wenn auch digital, beim 22. BHB-Kongress. Am ersten Tag haben die über 310 Teilnehmer bereits – neben den natürlich nicht ausbleibenden Analysen eines turbulenten Jahres 2021 – den Blick auf die weitere Entwicklung gerichtet und Herausforderungen, aber auch die Chancen der DIY-Branche identifiziert. Den Abschluss bildete am Mittwochabend ein sehr emotionales Come-Together, bevor es am Donnerstag wieder mit den Sachthemen weiterging.
Die Idee dazu kam aus den Kreisen der Mitglieder – viele haben Bindungen zu den von der verheerenden Sommerflut stark betroffenen Weinregion im Ahrtal, wo die Winzer große Teile von Hab und Gut verloren haben. Warum also nicht hier unterstützen und trotzdem einen guten gemeinsamen Abschluss des ersten Kongresstages feiern? Die Idee zum Wine-Charity-Tasting war geboren, und rund 50 Weinfreunde aus den Kreisen der Kongressteilnehmer waren dabei, als Moderator Peter Wüst in der Studio-Lounge in Köln mit Sommeliere Karin Hardt die Gläser hob. Die Weinfreude hatten ihr Tasting-Paket in die (Home-)Office gesandt bekommen und konnten so live mitprobieren. Es wurde ein schöner Abend mit guten Gesprächen – ernsten, aber auch fröhlichen.
Andreas Back, Umweltexperte der Hornbach Baumarkt AG und Hobbywinzer, berichtete u.a. von den vielen Hilfsmaßnahmen, die auch aus der Branche nach der Flutkatastrophe gestartet wurden und die den Menschen viel Hoffnung zurückgeben. Ihren Part aus Vorsichtsgründen voraufgezeichnet hatten die Teilnehmer einer besonderen Verkostungsrunde. Hier probierten der Kölner Wein- und Gastronomie-Experte Carsten Henn und Comedy-Star Bernd Stelter (übrigens ebenfalls Hobby-Winzer) in einer fröhlichen Runde mit viel Witz und Musik.
Fazit: Entertainment, Genuss und ein guter Zweck – das ging beim eBHB2021 ausgezeichnet zusammen.
Gänzlich unverkatert kehrten dann gestern morgen alle Teilnehmer wieder an den Bildschirmen zurück, leichte Probleme in der Übertragungstechnik waren zügig behoben. So konnte Moderator Peter Wüst dann auch zur aktuellen Runde einläuten – bei der Fragen aus den Handelssessions vom Vortrag ebenso geklärt wurden wie Entwicklungen aus der Branche. Interessant: 44 Prozent der Beteiligten können sich vorstellen, dass es aufgrund der dramatischen Pandemie-Entwicklung einen erneuten Lockdown auch für die Branche gibt, 35 Prozent glauben dies sogar sicher. Damit verbunden auch die Frage nach der richtigen Abwehrmaßnahme: Über 70 Prozent der Kongressteilnehmer würden eine Impfpflicht befürworten.
Wichtig bleibt in diesem Zusammenhang, so betonte Wüst, den (neuen) Verantwortlichen in der Politik immer wieder die Fakten nahezubringen. Die Ansteckungsgefahr in den großflächigen Bau- und Gartenfachmärkten ist verschwindend gering – auch dies ein starkes Argument, die System- und Versorgungsrelevanz der Branche bei eventuellen Lockdowns über die „Allgemeinpanik“ zu stellen. Die Sicherheit der stationären Flächen ist mittlerweile auch höchst wissenschaftlich belegt: So hatte der BHB beim weltweit bekannten Aerosol-Forscher Prof. Eberhard Bodenschatz (Max-Planck-Institut) um eine dahingehende Feldforschung gebeten – mit sehr eindeutigem Ergebnis. Die Ansteckungsgefahr im Baumarkt ist demnach nicht höher als im Freien an einem windarmen Tag. Die Methodik und die Ergebnisse der Feldforschung hat der BHB in einem Video dokumentiert – jederzeit anzusehen über die Verbandwebsite www.bhb.org.
Veränderung ist normal – nicht nur für die Generation Z
Dass Veränderungen eher den „Status Normal“ der Zukunft abbilden, galt und gilt in diesen Zeiten auch und besonders für die DIY-Branche. Das heißt auch, dass sich der stationäre Handel wandeln wird und dass eCommerce in unterschiedlichen Formen, gemeinsam mit vielfältigen Serviceleistungen immer mehr mit dem Geschehen in den Märkten verschleifen wird. Wie dies in zwei großen Handelshäusern geschieht, war der nächste Part im Kongressprogramm.
Über die Entwicklung und den erfolgreichen Einsatz der neuen medialen Formen wie dem Youtube-Kanal „Mach mal mit OBI“ berichtete Falco Stienen, Head of Brand Communications bei OBI. Die Zielgruppe der „Generation Z“ erreicht man über neue Tools und vor allem in neuer Tonalität – ein spannender Weg auch für die Macher. Auch beim Casting neuer Gesichter, die bei den Junioren tatsächlich angekommen – hier hatte man mit reichweitenstarken Influencern ebensoviel gutes Händchen wie mit Promis, die z.B. in einer Vorher-Nachher-Show ein fiktives Hotel umdesignten. Kein Projekt, sondern ein echter Marathon-Lauf, betonte Stienen – denn auch die Social-Kanäle, die erfolgreiches Transportmittel der Botschaft sind, wechseln in immer kürzeren Halbwertzeiten.
Omni-Channel – Fluch und Segen? Spannende Insights bot auch Markus Dulle, Vorstand beim jüngsten BHB-Handelsmitglied, der 3e-Gruppe aus Österreich. Die umtriebigen Systemanbieter sind bekannt dafür, ihre Vertriebsschienen immer wieder zu aktualisieren und den Wünschen der Kunden anzupassen. Ihr neuestes „Baby“, der Omnichannel-Store 4.0, bekommt derzeit viel Aufmerksamkeit, revolutioniert er doch die bislang oft mangelnde Verschleifung der On- und Offline-Vertriebsschienen. Fläche ist nicht mehr Warenlager mit Kasse, sondern Empfangs- und Diskussionszone, Informations- und Ausprobierzimmer, Werkstatt aber auch einfach Kommunikationsraum. Der intelligente Einsatz digitaler Technik prägt dabei übrigens nicht nur das neue Format, sondern dient auch als Quasi-Bausteinlabor zur Modernisierung der bestehenden Ladenformate.
Ein flammendes Plädoyer für eine intensive Zusammenarbeit von Handel und Industrie hielt zum Abschluss des offiziellen Programms Peter Stechmann. Der Vorsitzende der Geschäftsführung von Alpina ist seit kurzem auch im 3er-Vorstandsteam des Herstellerverbandes HHG aktiv. Er zeigte anhand des Farbsortiments auf, welche Potenziale auch aus einer gemeinsamen Wachstumskooperation entstehen können. Denn der Markt wird auch außerhalb von Pandemie und Lieferengpässen schwierig: Kleinere Wohneinheiten, offene Architektur mit wenig Wänden, lange Umzugs- und Renovierungszyklen – das alles lässt Farbe, traditionell immer eines der stärksten Sortimente im Baumarktportfolio, nicht unbedingt wachsen. Also müsse es um Trading-Up gehen, so Stechmann, doch dies funktioniere nur mit dem endgültigen Abbau von „Lagerdenken“ und echter, gemeinsamer Arbeit von Industrie und Handel.
Zum Abschluss bedankte sich Moderator Peter Wüst bei allen Beteiligten für einen gelungenen Kongress: Der erhöhte (auch technische) Aufwand habe sich gelohnt, die ersten Feedbacks aus dem Teilnehmerkreis fielen deutlich positiv aus.
Und trotzdem: Im nächsten Jahr setzen alle Organisatoren wieder auf einen Präsenzkongress. Dieses „Daumendrücken“ dürfte die gesamte Branchenfamilie teilen.