17. Internationaler BHB-Kongress 2016

von Bernhard Simon

>DIY-Branche diskutiert Wachstumspotenziale in Zeiten des Wandels.

>Klaus Peter Teipel von research & consulting machte eine Bestandsaufnahme zur wirtschaftlichen Situation der Branche.

Wie kann die Bau-, Garten- und Heimwerkerbranche in Zeiten der Veränderung traditioneller Handelsstrukturen durch demografischen Wandel und Digitalisierung auch in Zukunft erfolgreich wachsen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des 17. Internationalen BHB-Kongresses 2016 am 7. und 8. Dezember.

Rund 500 Teilnehmer aus dem Handel, der Industrie und dem Dienstleistungs- und Beratungssektor diskutierten auf dem Gipfeltreffen der DIY-Branche über zukunftsfähige Unternehmenstragegien, erfolgversprechende Vertriebsformate, Sortimente und Services, um die Baumarktkunden auch in den kommenden Jahren erfolgreich anzusprechen.

Wie kann die Bau- und Heimwerkermarktbranche in Zeiten der Veränderung traditioneller Handelsstrukturen durch demografischen Wandel und Digitalisierung auch in Zukunft erfolgreich wachsen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des 17. Internationalen BHB-Kongresses 2016 am 7. und 8. Dezember (Foto: BHB/Götz)

„Auch in diesem Jahr hat der BHB-Kongress wieder seine Anziehungskraft als der Treffpunkt für die DIY-Branche bewiesen“, zeigte ich BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst am Schlusstag der Branchenveranstaltung zufrieden. „Das Veranstaltungskonzept mit einem facettenreichen Tagungsprogramm mit Expertenvorträgen, einem unterhaltsamen Rahmenprogramm und dem zusätzlich sehr individuell gestaltbaren Informationsangebot der Parallelforen sind von den Teilnehmern sehr begrüßt und interessiert angenommen worden. Die große Teilnehmerzahl und die Präsenz zahlreicher Entscheider und Führungskräfte der Handels- und Herstellerunternehmen bestätigen auf ein Neues das Interesse an der konzeptionellen Ausrichtung unserer Veranstaltung – der BHB-Kongress ist als Event-Marke in der Branche als fester Termin gesetzt.“

BHB-Kongress mit rund 500 Teilnehmern auch 2016 gut besucht

Der BHB bot der deutschen und internationalen DIY-Branche auch in diesem Jahr an zwei Kongresstagen wieder ein breit gefächertes Themen- und Informationsangebot. Glanzvolle Bühne für das Get-together zu Jahresausklang war die Stadt Bonn, wo der ehemalige Plenarsaal des Deutschen Bundestages den Treffpunkt der Entscheider und Führungskräfte bildete. Insgesamt 500 Teilnehmer waren der Einladung des Branchenverbandes gefolgt. Dabei war der Handel (in den Bereichen Heimwerken, Bauen, Garten und Wohnen) 2016 erneut stark vertreten. Und auch zahlreiche Industrie- und Logistikunternehmen und Branchenpartner (u.a. die Unternehmen Dachser, Fischer, Gardena, Interseroh, Knauf, Kärcher, Markant, J.W. Ostendorf oder Robert Bosch, Spax, Tesa und Wolfcraft) waren zu Gast auf dem Branchengipfel. Neben dem umfangreichen Tagungsprogramm mit Vorträgen zahlreicher Experten und Keynote-Speaker aus Handel, Beratung und Marktforschung sowie einer Vielzahl von Diskussionsforen lud auch die Fachausstellung DIY-Marktplatz dazu ein, sich persönlich vor Ort in direktem Kontakt mit den Ausstellern über Innovationen und Neuheiten der DIY-Branche zu informieren.

Wachstumspotenziale in Zeiten des Wandels gesucht 

Wie kann die Bau-, Garten und Heimwerkerbranche in Zeiten der Veränderung traditioneller Handelsstrukturen durch demografischen Wandel und Digitalisierung weiterhin erfolgreich wachsen? Welche Unternehmenstragegien sind zukunftsfähig, welche Angebote, Vertriebsformate, Sortimente und Services erwarten die Kunden in den kommenden Jahren? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des BHB-Kongresses 2016. Ob erfolgsversprechende Vertriebsstrategien, veränderte Erwartungshaltungen der Kunden, aktuelle Sortimentstrends, Fragen der Personalgewinnung und Mitarbeiterbindung, Smart-Home-Anwendungen oder auch Trends zu nachhaltigerem Konsum: In Bonn diskutierte der BHB mit den Entscheidern und Führungskräften die aktuellen Fragestellungen zur Zukunft der Branche. Um es den Teilnehmern zu ermöglichen, auch gezielt eigene Interessenschwerpunkte zu setzen, veranstaltete der Branchenverband wie schon im Vorjahr auch 2016 zusätzlich zwei Parallelsessions zu differenzierten Themenbereichen.

Detlef Riesche, BHB-Vorstandssprecher und Vorsitzender der Geschäftsführung der toom Baumarkt GmbH, beleuchtete in seinem Grußwort zum Kongressauftakt die aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen für die Branche in den kommenden Jahren. Der Baumarkthandel werde sich zukünftig stärker als zuvor im Wettbewerb mit branchengleichen Formaten, Sortimentsspezialisten, branchenfremden Anbietern ebenso wie mit dem Handwerk und E-Commerce-Pure-Playern behaupten müssen. Die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen bestimmten Spielfelder und Spielregeln für alle Marktpartner neu: Die durch demografische Entwicklung und Digitalisierung veränderten Kundenerwartungen an Vertriebsformate und  Sortimentsgestaltungen forderten die Unternehmen der Branche mehr denn je heraus. Auch eine nachhaltige Unternehmensführung und ein umsichtiges Personalmanagement in Zeiten des Fachkräftemangels seien für einen erfolgreichen Wachstumskurs zunehmend von Bedeutung. „Wir werden diese Themen stetig weiterentwickeln müssen, um den Wünschen unserer Kunden zu entsprechen“, rief Riesche den Kongressteilnehmern in Bonn zu, „dies wird die große Herausforderung für unsere Branche in den kommenden Jahren sein“.

Branchenentwicklung: „Crosschannel wird zur Selbstverständlichkeit“

Eine Bestandsaufnahme zur wirtschaftlichen Situation der Branche machte Marktforscher Klaus Peter Teipel, Inhaber Klaus Peter Teipel research & consulting, in seinem Vortrag „Der Deutsche DIY-Markt in Zeiten des digitalen Transformationsprozesses“. Mit Blick auf das Gesamtjahr 2016 betonte Teipel, die Marktkonsolidierung nach dem insolvenzbedingten Marktaustritt der Praktiker-Gruppe sei nahezu abgeschlossen, der Umsatz der Bau- und Heimwerkermärkte derzeit noch um rund 200 Mio. Euro unter dem Niveau von 2013. Der deutsche erweiterte DIY-Kernmarkt (Bau- und Heimwerkermärkte, Fachhandel, Kleinbetriebsformate und Distanzhandelsumsatz mit DIY-Kernsortimenten) werde Teipel zufolge 2016 mit einem Gesamtumsatz von 47,9 Milliarden Euro im Vorjahresvergleich leicht zulegen (plus 1,3 Prozent). Die Bau- und Heimwerkermärkte könnten mit 21,6 Milliarden ein überdurchschnittliches Plus von 1,5 Prozent erzielen. Stark abgeschnitten habe 2016 auch das Handwerk (120,9 Mio. Euro Gesamtumsatz/plus 2,0 Prozent).

Eine Bestandsaufnahme zur wirtschaftlichen Situation der Branche machte Marktforscher Klaus Peter Teipel, Inhaber Klaus Peter Teipel research & consulting. (Foto: BHB/Götz)

Für 2017 rechnet der Marktforscher damit, dass der erweiterte DIY-Kernmarkt mit rund 48,4 Milliarden Euro erneut wächst (plus 1,0 Prozent), ebenso wie die Umsätze der Bau- und Heimwerkermärkte (21,8 Milliarden Euro, plus 0,9 Prozent). Mit Blick auf leicht stagnierende Konsumausgaben, eine geringfügig steigende Inflation und ein sinkendes Bruttoinlandsprodukt werde das Marktwachstum in 2017 aber insgesamt schwächer ausfallen als noch 2016.

„Cross-Channel wird zur Selbstverständlichkeit!“, rief Teipel den Teilnehmern mit Blick auf die zunehmende Bedeutung von Onlineumsätzen auch im Bereich DIY zu. Dabei sei die Exzellenz im stationären Geschäft die Grundvoraussetzung, um Onlinepotenziale heben zu können. Sowohl im Stationärgeschäft wie auch Online gebe es in der Branche noch einigen Optimierungsbedarf:  Zukünftige Wachstumshebel sieht Teipel dabei im perfekten Zusammenspiel von Stationär- und Onlineangeboten, der Handel könne besonders mit einer höheren Beratungsqualität vor Ort in den Märkten punkten. Denn die Kunden seien zunehmend dienstleistungsorientiert, der klassische Selbstbedienungsansatz trete im Lichte des demografischen Wandels und des Trends Do-it-for-me mehr und mehr in den Hintergrund.

Hohe Beratungsqualität und Services können Wachstumshebel der Zukunft sein  

Die Stärkung des Stationärgeschäfts forderte auch Dr. Stefan Vogel, Bereichsleiter des Geschäftsfeldes Livingplus der EK/servicegroup in seinem Vortrag „Die Herausforderungen der Zukunft für den stationären DIY-Handel“. Die Handelslandschaft verändere sich rasant, der Druck auf den stationären Handel wachse. Der Baumarkthandel müsse mit modernen Märkten, einer ansprechenden Ladengestaltung mit innovativer Warenpräsentation in Themenwelten und dem Ausbau von Beratungs- und Serviceleistungen stationär Atmosphäre schaffen und seine Kunden vor Ort emotional ansprechen. „Einkaufen muss angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks ein stimmiges Erlebnis sein – Produkte und ihre Präsentation müssen zusammenpassen“, so Vogel.

Michael Mette, stellvertretender Geschäftsführer Ikea Deutschland, präsentierte die strategische Neuausrichtung seines Hauses zum Multichannelanbieter in Zeiten der Digitalisierung. „Wir müssen versuchen, unser Geschäft aus Kundensicht zu betreiben“, rief er den Kongressteilnehmern zu. Bei der strategischen Unternehmensausrichtung zwinge insbesondere die Digitalisierung zu einem völlig neuen Denken. „Der Kunde hat Interesse an unseren Produkten, aber er denkt nicht in Vertriebskanälen“, so Mette. Online sei dabei neben weiteren Faktoren ein wichtiger Kontaktpunkt zu Kunden. Aber die Multichanneltransformation beinhalte auch den Leistungsausbau im Stationärgeschäft. Ikea habe den Point-of-Sale in den Augen seiner Kunden neu positioniert: Mit Themen- und Wohnwelten nah an der Lebensrealität der Kunden, Services wie Raum- und Küchenplanungen, dem Ausbau der Beratungsleistungen mit zusätzlicher technologischer Unterstützung durch Mobile Devices und Pilotprojekten wie dem Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen zur individuellen Raumplanung in 3D würden die Stationärgeschäfte in den Augen der Kunden zu attraktiven Anziehungspunkten.

Dem Thema Personalgewinnung und Mitarbeiterbindung in Zeiten des Fachkräftemangels widmete sich Ralf Rahmede, Geschäftsführer des Herstellerverbandes Haus & Garten (HHG). In seinem Vortrag „Aus Flüchtlingen Mitarbeiter machen“ stellte er das zum Jahresende 2015 gestartete Engagement seines Verbandes zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt vor. Das Integrationsprojekt habe deutschlandweit bereits mehreren anerkannten Flüchtlingen bei verschiedenen Hersteller- und Dienstleistungsunternehmen der DIY-Branche einen Ausbildungsplatz verschafft und darüber hinaus für das gesellschaftlich relevante Thema sensibilisiert. Zur operativen Umsetzung hatte der HHG 2016 eine Integrationsbeauftragte eingestellt, um relevante Informationen zu bündeln, zu kommunizieren sowie eine Schnittstelle zwischen den HHG-Verbandsmitgliedern, den Behörden und Flüchtlingen zu schaffen.

Das Projekt sei bislang ein voller Erfolg, so Rahmede. Dies belege auch die jüngste Nominierung des HHG und des Projekts für die Auszeichnung „Chancengeber des Jahres 2016“ der IHK-Stiftung für Ausbildungsreife und Fachkräftesicherung. Langfristig könne auch die DIY-Branche von der Zuwanderung profitieren, betonte Jörg Lehnerdt, Niederlassungsleiter der BBE Handelsberatung Köln. In seinem Vortrag „Nachfragepotenziale durch Zuwanderung“ warf er einen besonderen Blick auf die Rolle von Flüchtlingen als neue Konsumenten. Generell seien Migranten für die Baumarktbranche eine große und wichtige Kundengruppe. Mit Blick auf das Kaufkraftpotenzial der Flüchtlinge sei entscheidend, wie viele von ihnen tatsächlich in Deutschland blieben, wo sie dauerhaft lebten und ob und wie schnell sie Arbeit fänden. Bei einer erfolgreichen Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt werde aber auch die DIY-Branche aufgrund steigender Kaufkraft von Investitionen der „neuen Kunden“ im Bereich Wohnen profitieren. Dies benötige jedoch Zeit.

Branche diskutiert Potenziale von Smart-Home für die Baumarkthandel 

Auch aktuelle Entwicklungen und Potenziale des Smart-Home-Marktes für die DIY-Branche hatte der BHB auf die Themenagenda gesetzt. Teilnehmer der von Günther Ohland, Smart Home Initiative Deutschland, moderierten Podiumsdiskussion waren Dirk Bartlitz, Garten Tengelmann E-Stores, Susanne Behrens, Philips Lighting, Bernd Grohmann, eQ-3, Sonja Mechling, Bosch smart Home GmbH, Sascha Schellenberg, Alfred Schellenberg GmbH, und Dr. Norbert Verweyen, innogy SE. Sicherheit, Komfort und Kostenersparnisse sind die zentralen Themen, die aus Kundensicht Smart-Home-Anwendungen für Hauseigentümer, aber auch Mieter, interessant machen, waren sich die Teilnehmer auf dem Podium einig. Für Anbieter von Smart-Home-Lösungen sei es aktuell ein guter Zeitpunkt, um Kunden die neuen Möglichkeiten der Hausautomation auf breiter Basis anzubieten, auch über den Vertriebskanal Baumarkt, betonte innogy-Bereichsleiter Effizienz Dr. Verweyen, Smart-Home stehe an der Schwelle zum Massenmarkt. Die technische Entwicklung und die zunehmenden Möglichkeiten von Funk könnten ein Segen nicht zuletzt für die DIY-Branche sein, hob Schellenberg-Geschäftsführer Sascha Schellenberg hervor. Bernd Grohmann, Vorstand bei Smart-Home-Spezialist eQ-3, zeigte sich in Bonn skeptisch, ob Kunden in Zukunft gerade im Vertriebskanal Bau- und Heimwerkermarkt komplexe Smart-Home-Systeme nachfragten.

Die Teilnehmer stimmten darin überein, dass die gute Kundenberatung der notwendige Schlüssel sei, um Smart-Home-Anwendungen zur Zufriedenheit der Kunden auf der Fläche zu positionieren. Aus Handelssicht – ob Baumarkt oder in anderen Vertriebslinien – sei entscheidend, gerade bei diesen beratungsintensiven Sortimenten den Kunden am Point-of-Sale durch eine gute Vermarktung und fachkundige Beratung abzuholen.

„Besetzt das Thema Nachhaltigkeit und Wohngesundheit wirklich Relevanz beim Verbraucher?“, fragten Dr. Joachim Bengelsdorf, Dähne Verlag, und Michael Fuchs, Konzept & Markt GmbH, und präsentierten in Bonn die Ergebnisse ihrer aktuellen Verbraucherbefragung „Nachhaltigkeit/Wohngesundheit/Ökologie – Trend oder Lippenbekenntnis?“. Beim Kauf von DIY-Produkten hätten Umweltverträglichkeit und eine nachhaltige Produktion aktuell kaum Relevanz bei der Produktauswahl, Qualität und Preis der Produkte besäßen bei den Verbrauchern deutlich Priorität. Jedoch zeige sich eine zunehmende Sensibilisierung für das Thema: So komme insbesondere dem Thema Wohngesundheit bei den Verbrauchern ein zunehmend hoher Stellenwert zu: 58 Prozent der Befragten seien hier bereit, mehr Geld zu investieren. Eine differenzierte Herangehensweise sei für die Unternehmen gerade bei der Sortimentsgestaltung wichtig. Denn das Thema Nachhaltigkeit gewinne bei der finalen Kaufentscheidung an Bedeutung, aber nicht für jede Warengruppe gleichermaßen. Aus Verbrauchersicht sei eine nachhaltige Produktion besonders bei Dünger, Erden, Pflanzenschutzmitteln, Farben und Lacken, Tapeten, Bodenbelägen, Glühbirnen und Leuchtröhren wichtig. Insgesamt, so Bengelsdorf und Fuchs, sei das Thema Nachhaltigkeit/Wohngesundheit/Ökologie derzeit – noch – kein Treiber für die Wahl der Einkaufsstätte, Verbraucher hätten geringe Kenntnis, welche Initiativen der Handel derzeit entfalte. Daher müssten Unternehmen, die das Thema nutzen und sich als nachhaltig positionieren wollten, die Thematik aktiv und mit Nachdruck bespielen.

Der kommende 18. Internationale BHB-Kongress findet am 6. und 7. Dezember 2017 in Köln statt.

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Bernhard Simon – 
Dienstleistungen für die “Grüne Branche”

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