Persönliche Betrachtungen zum Mauerfall am 09. November 1989

von Bernhard Simon

Simon meint:

Als Folge des Zweiten Weltkrieges, welcher durch das verbrecherische Adolf Hitler Regime ausgelöst wurde, hatten wir uns in Deutschland damit zu arrangieren, dass die Siegermächte unser Land in vier Besatzungszonen aufteilten. So entstand auch die sowjetische Besatzungszone, woraus später die DDR (Deutsche Demokratische Republik) hervorging.

Damals konkurrierte das sozialistische System in der DDR mit dem kapitalistischen System in der BRD. Aus dieser Konkurrenzsituation ging der Westen letztendlich als Sieger hervor. Die Lebenssituation in den westlichen Besatzungszonen verbesserte sich wesentlich schneller als in Ostdeutschland. So kam es,  dass immer mehr Ostdeutsche über die Grenzen in den Westen flüchteten.
Um das Ausbluten der DDR zu verhindern, entschloss sich die damalige SED unter Führung von Walter Ulbricht dazu eine Mauer zu bauen.

Was dann 1961 geschah, war für mich unfassbar.
Der 13. August 1961 war ein regnerischer Sonntag. Wir hatten damals schon einen Fernsehapparat, was zu der Zeit noch nicht selbstverständlich war und mein Vater schaute sich regelmäßig sonntags den internationalen Frühschoppen mit Werner Höfer an. Soweit ich mich erinnern kann, wurde die laufende Sendung damals unterbrochen und mein Vater rief uns ins Wohnzimmer.
Dann sahen wir mit Entsetzen, was da in Berlin geschah.
Wir konnten beobachten, wie Bauarbeiter die Mauer am Brandenburger Tor hochzogen. Dort wo noch nicht gemauert wurde, kam Stacheldraht zum Einsatz und ein Heer von DDR-Volkspolizisten sicherten die Arbeiten an der Grenze ab. Familien wurden getrennt und die Menschen konnten sich nur noch weinend über Mauer oder Stacheldraht hinweg zuwinken.

Aus Häusern, die direkt an der Grenze standen, seilten sich die Menschen an zusammengeknoteten Bettlaken ab. Auf der Westseite standen Leute mit Sprungtüchern, um ihren Landsleuten die Flucht aus den oberen Stockwerken durch den Sprung in diese Tücher zu ermöglichen. Um diese Fluchtart zu unterbinden, ließ die SED-Führung  die Fenster dieser auf der Ostseite stehenden Häuser zumauern.
Vereinzelt versuchten Flüchtlinge noch durch Stacheldraht-Sperren zu flüchten und verletzten sich dabei erheblich.

Für mich als Nachkriegskind war das ein einschneidendes Erlebnis und diese Vorkommnisse haben sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt.
Wir machten uns damals große Sorgen und befürchteten den Ausbruch eines weiteren Weltkrieges. Im Oktober 1962 kam auch noch die Kubakrise hinzu und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir eine weitere Zuspitzung der Situation zwischen Ost und West befürchteten. Selbst ein Atomkrieg konnte nicht mehr ausgeschlossen werden. Es wurden damals sogar Broschüren verteilt, aus denen man entnehmen konnte wie wir uns im Falle eines atomaren Angriffs zu verhalten hätten.
In den 70 er und 80 er Jahren war ich einige Male in Berlin, um mir die Grenze vor Ort anzusehen. Am Potsdamer Platz waren Podeste aufgebaut, von denen man über die Mauer nach Ost-Berlin hinüberschauen konnte. Hinter der Mauer auf der Ostseite waren zusätzliche Grenzbefestigungen wie Panzersperren und Selbstschussanlagen installiert. Bei diesem Anblick wurde mir erst richtig bewusst, welch ein „Wahnsinn“ diese Grenze bedeutete.
Ich bin damals über den S-Bahnhof Friedrichstraße auch nach Ostberlin eingereist, um mir die Situation im Osten der Stadt anzuschauen.
Die Kontrollen und der 1:1 Zwangsumtausch D-Mark gegen Ostmark waren schon eine besondere Erfahrung. Das regierende diktatorische Regime der SED hatte alles bestens durchorganisiert.

Im Laufe der Jahre wurden viele freiheitsliebende Menschen, aufgrund des Schießbefehls, beim Fluchtversuch an der Mauer von den eigenen Landsleuten wie Hasen abgeknallt. Die Bevölkerung wurde durch ein ausgeklügeltes Spitzelsystem ständig überwacht. Keiner konnte sicher sein, ob nicht der Nachbar ein IM (informeller Mitarbeiter) der STASI war. Nur so war es möglich, dieses diktatorische System an der Macht zu halten.

Vor einigen Jahren habe ich mir den STASI-Knast in Berlin-Hohenschönhausen angesehen. Hier waren Menschen inhaftiert, die einfach nur ihre Freiheitsrechte wahrnehmen wollten und vielleicht einen Ausreiseantrag gestellt oder etwas „Falsches“ gesagt hatten. Was ich dort von ehemaligen Gefangenen über die Methoden der Gefängnisleitung gehört und gesehen habe, hat mich einfach nur schockiert. Ich will hier gar nicht näher darauf eingehen, weil das was dort geschah ist bezüglich Unmenschlichkeit und Perversion kaum zu überbieten.

Umso mehr hat es mich gefreut, dass am 09.November 1989 durch die friedliche Revolution in den großen Städten der DDR und letztendlich auch befeuert durch die ökonomische Schwäche der Sowjetunion endlich die Mauer fiel. Mit Tränen der Freude in den Augen haben wir die Situation beobachtet.
Aufgrund dieser geschilderten Erlebnisse habe ich heute immer noch große Probleme damit, wenn versucht wird diese damaligen Geschehnisse in der DDR zu relativieren. Eins muss klar sein, die DDR war eine Diktatur und ein Unrechtsstaat, der seinen Menschen über viele Jahre hinweg alle heute bei uns üblichen Menschen- und Freiheitsrechte vorenthalten hat. Viele Menschen kamen damals ums Leben, bzw. wurden wegen des für uns heute selbstverständlichen Wunsch nach Freiheit inhaftiert und gefoltert. Die Betroffenen und deren Angehörige leiden vielfach heute noch darunter.

Die Rufe „Wir sind das Volk“ und die Entschlossenheit gegen diesen Unrechtsstaat aufzubegehren hat die Mauer letztendlich, ohne dass ein einziger Schuss abgegeben wurde, einstürzen lassen. Der heute viel gescholtene damalige Bundeskanzler Helmut Kohl hat die Gunst der Stunde genutzt, um die Vereinigung zu vollenden. Das ist unbestritten sein Verdienst.
Der jüngeren Generation möchte ich sagen, dass die in unserem Lande herrschende Freiheit kein Selbstläufer ist. Für Freiheit und Demokratie muss man kämpfen und einstehen. Das haben uns die Bürger aus der ehemaligen DDR auf wunderbare Weise vorgeführt.
In unserer Bundesrepublik Deutschland stellt man heute diesbezüglich eine zunehmende Trägheit fest. Das kann man einerseits an der schwachen Beteiligung bei Wahlen ablesen, aber andererseits auch daran festmachen, dass immer weniger Menschen bereit sind sich mit politischen Themen zu beschäftigen. Viele Menschen aus anderen Regionen auf der Welt wären froh, wenn sie unsere Freiheiten hätten und in ihren Ländern frei wählen könnten.

So sehr wie wir uns vor 25 Jahren über die Wiedervereinigung gefreut haben, so muss jedem jedoch klar sein, dass wir unsere Freiheit täglich neu verteidigen müssen. Wie schnell eine Kriegssituation entstehen kann, sehen wir jetzt aktuell in der Ukraine. Die Worte, welche im Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung dort benutzt werden, erinnern sehr an andere Konflikte, die anschließend zu Kriegen führten.

Auch wenn die in diesem Zusammenhang verhängten Sanktionen gegen Russland uns wirtschaftlichen Schaden zufügen, müssen wir zu solchen Mitteln greifen. „Wehret den Anfängen“ ist hier der Slogan, denn wir können nicht alle Dinge nur durch die Profitbrille betrachten.

Unsere Demokratie ist eine wunderbare Errungenschaft, für die es sich lohnt zu kämpfen!

Diese sehr persönliche Betrachtungsweise war mir einfach ein Anliegen, ganz besonders zu diesem freudigen Ereignis des Mauerfalls vor 25 Jahren. (Bernhard Simon)

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