Niedersachsen verkauft den Moorschutz an die Landwirtschaft

von Bernhard Simon

IVGNABU NDS LogoIVG und NABU kritisieren das Moorschutzprogramm in Niedersachsen.

Anlässlich der Vorstellung des neuen niedersächsischen Moorschutzprogramms „Niedersächsische Moorlandschaften“ üben der Industrieverband Garten (IVG) e.V. – in dem unter anderem Hersteller von Blumenerden und Substraten organisiert sind – und der NABU Niedersachsen Kritik an der Moorschutz- und Raumordnungspolitik der Landesregierung. Das Programm, das zum Ziel hat, Klimaschutz in den Mooren zu betreiben, setzt in erster Linie auf freiwillige Extensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft und stellt dafür Gelder zur Verfügung.

NABU Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann: „Das Programm ist grundsätzlich zwar zu begrüßen und ein Schritt in die richtige Richtung, es wird aber sein Ziel weit verfehlen, wenn die Landwirtschaft nicht stärker in die Verantwortung genommen wird“. Mehr als 12 Prozent der in Niedersachsen ausgestoßenen klimaschädlichen Gase stammen allein aus der landwirtschaftlichen Nutzung der organischen Böden.

Die Landesregierung war bereits bei der Novellierung des Landesraumordnungsprogramms eingeknickt. Sie hatte der Landwirtschaft – dem bei weitem größten Nutzer der niedersächsischen Moorflächen – einen Freibrief erteilt, mit dem sie weiterhin auf den Flächen intensiv wirtschaften und damit die klimaschädliche Moorzersetzung weiter vorantreiben kann. Auch im neuen Moorschutzprogramm wird nun von der Fortsetzung einer moorschonenden Form der Land- und Forstwirtschaft gesprochen, obwohl bekannt ist, dass Moor- und Klimaschutz auf Moorböden eine Einstellung der Nutzung und eine fachgerechte Vernässung der Flächen bedeutet. Eine extensive landwirtschaftliche Nutzung mit möglichst hohen Wasserständen könnte zwar die Moorzersetzung verlangsamen, aber nicht aufhalten.

Dieses hatte die Torfindustrie zusammen mit dem NABU Niedersachsen bereits 2012 erkannt und mit dem sogenannten NABU-IVG-Konzept eine Strategie vorgelegt, wie eine Moorsanierung mit Rohstoffnutzung umgesetzt werden kann. Dieses Konzept, bei dem die Torfindustrie sich verpflichtet, neben einer Wiedervernässung der Abbauflächen nach der Rohstoffgewinnung weitere Maßnahmen im Moor zu ergreifen, um die CO2-Freisetzung aus der Torfnutzung zu kompensieren, hat zwar Eingang in den Entwurf des neuen Landesraumordnungsprogramms gefunden – allerdings wurden von den 8.500 Hektar, die für eine Rohstoffnutzung mit anschließender Moorsanierung in Frage gekommen wären, nur 3.500 Hektar übernommen. Auch das neue Moorschutzprogramm greift den Ansatz von NABU und IVG zur Hochmoorregeneration nur am Rande auf und ebnet eher den Weg für eine fortgesetzte landwirtschaftliche Nutzung. Damit wird abermals der Landwirtschaft der Vorrang gegeben und die Torfindustrie und der Moorschutz haben das Nachsehen.

„Natürlich freut es uns, dass die Landesregierung erkannt hat, dass Torfabbau auf degenerierten Flächen in Niedersachsen weiterhin erforderlich ist, um den Torfbedarf des Erwerbsgartenbaus zu decken. Denn ansonsten wäre die Branche auf Torfimporte aus dem Baltikum angewiesen. Da wir derzeit aber auf 11.500 Hektar Abbau betreiben und schon heute wissen, dass in den nächsten rund sechs Jahren fast die Hälfte dieser Flächen erschöpft sein werden, reichen die aktuell vorgesehenen 3.500 Hektar neuer Vorrangflächen zur Versorgung nicht aus“, so Tanja Constabel, IVG Büro Hannover.

Eine Verankerung der Hochmoorregeneration nach NABU-IVG-Konzept im neuen Moorschutzprogramm wäre wünschenswert gewesen, um auch ein Signal an die Kommunen und Flächeneigentümer zu senden und langfristig wieder wachsende Moore und damit CO2-Senken zu erhalten. Mit der Torfindustrie hätte das Land bereits einen verlässlichen Partner für Klima- und Moorschutzmaßnahmen an seiner Seite gehabt und zusammen mit den Kompensationsflächen auf bis zu 16.000 Hektar die Umsetzung eines „echten Moor- und Klimaschutzes“ auf Kosten der Unternehmen erreichen können. Ob die Landwirtschaft einen nennenswerten Flächenanteil beisteuern wird, ist fraglich.

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Bernhard Simon – 
Dienstleistungen für die “Grüne Branche”

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