Wunderbar ist das Gefühl im Mund. Zart und doch bissfest schiebt sich der Kräuterseitling (Pleurotus eryngii) zwischen die Zähne. Der Geschmack ist aromatisch, intensiv, erinnert deutlich an Steinpilze. Nur Kräutergeschmack lässt sich nicht wahrnehmen. Das geht auch nicht, denn trotz seines Namens hat der Kräuterseitling geschmacklich nichts mit den aromatischen Pflanzen zu tun. Den Namen verdankt er vielmehr seinem Wuchsort. Andere Seitlinge, wie der Austernpilz (Pleurotus ostreatus), sind Baumbewohner. Der Kräuterseitling aber wächst in der Natur auf den Wurzeln von „Kräutern“.
Der Kräuterseitling mit seinem aromatisch intensiven Geschmack ist eine besondere Delikatesse. (Bild: GMH/BDC)
Bevorzugt besiedelt er die tiefstreichenden Wurzeln des Feld-Mannstreu (Eryngium campestre), baut sie ab und ernährt sich von den Zerfallsprodukten. Feld-Mannstreu wächst auf mageren, offenen, sonnig-warmen Flächen und ist bei uns eher selten. Daher kennen heimische Pilzsammler den Kräuterseitling meist nicht. In Mitteleuropa ist das anders. Feld-Mannstreu wächst beispielsweise in der Pannonischen Tiefebene Ungarns, im Mittelmeerraum und in Nordafrika. Überall dort ist auch der Kräuterseitling zuhause, der auch Steppensteinpilz (Boletus of the Steppes), Königs-Austernpilz (King Oyster Mushrom) oder Königs-Trompetenpilz genannt wird.
Zum Glück braucht er aber nicht zwingend die Wurzeln eines Mannstreues. Als Kulturpilz wächst er auch auf Sägemehl, das ihm ein ähnlich stickstoffarmes Milieu bietet. Verglichen mit anderen Kulturpilzen ist sein Anbau etwas komplizierter. Aber erfahrene Pilzanbauer wissen, wie es geht. Bis zu 300 g schwere Fruchtkörper können auf ihren Kulturtischen heran wachsen. Das Hauptgewicht liefert der weiße, dicke, säulenartige Stiel, auf dem ein verhältnismäßig kleiner, bräunlicher Hut sitzt. Der Rand des Hutes ist ein bisschen eingerollt. Darunter sitzen die gelblich-weißen Lamellen, die ein Stück weit, den Stiel hinunter laufen. Appetitlich sieht das Ganze aus und eilige Köche freuen sich, dass sie an den Pilzen überhaupt nichts putzen müssen. Allenfalls könnte der Stiel nochmal frisch angeschnitten werden. Aber nötig ist das nicht.
In den Kisten und Verpackungen für den Verkauf mischen sich meist große und kleine Exemplare des Kräuterseitlings. In Geschmack und Struktur unterscheiden sie sich nicht. Sie sind immer gleich lecker. Nur frisch müssen sie sein, was sich gut an den prallen, weißen Stielen erkennen lässt.
Am besten werden die Pilze vor dem Braten oder Kochen der Länge nach in Scheiben geschnitten. So kann sich das Auge auch nach der Zubereitung an der hübschen Form erfreuen. Denn der Pilz zerfällt nicht beim Erhitzen, wird weder weichlich noch schwammig. Selbst Pilzmuffel lassen sich manchmal zum Probieren der appetitlichen Pilzscheiben überreden, die neben dem aromatischen Geschmack auch Kalorienarmut, hohen Eisengehalt und Vitalwirkung auf ihrer Haben-Seite verbuchen können.
Denn auch Kräuterseitlinge gelten als Heilpilze. Dank ihrer Antioxidantien stärken sie das Immunsystem, senken Blutdruck und Cholesterinspiegel und hemmen die Entstehung von Tumoren. Außerdem wird ihnen eine antibakterielle Wirkung nachgesagt. Ein Pilz also, der auf angenehme Weise Genuss mit Gesundheit verbindet.
Viele weitere interessante Informationen zu Speisepilzen, natürlich auch eine umfangreiche Sammlung an Rezepten und Rezeptvideos, finden Sie auf der Website www.gesunde-pilze.de.