Der folgende Marktbericht wurde im Auftrag der Messe Essen erstellt von: Andreas Löbke, CO CONCEPT, Luxemburg, den 22. Dezember 2021
Normalerweise wäre heute die IPM ESSEN gestartet. Das Who’s who der internationalen Gartenbauindustrie hätte sich in der Messe Essen in den kommenden vier Tagen getroffen, Fachgespräche geführt, Innovationen vorgestellt und kennengelernt, Kontakte gepflegt und Geschäfte abgeschlossen. Leider hat die Corona-Pandemie eine Durchführung der Weltleitmesse des Gartenbaus erneut nicht zugelassen.
Heute wäre die IPM 2022 gestartet. Hier Impression von der IPM ESSEN 2019. (Foto:Alex Muchnik/©MESSE ESSEN GmbH)
Wo die grüne Branche nach zwei Jahren Pandemie steht, welche Herausforderungen auf sie warten und wo ihre Chancen liegen, beantwortet eine von der IPM ESSEN beauftragte Marktbeschreibung der Agentur CO CONCEPT:
Corona verändert und beschleunigt die Welt – insbesondere auch den Pflanzenmarkt. So zeichnet sich 2021 erneut ein sehr starkes Jahr für Blumen und Pflanzen ab. Lag das Marktvolumen nach langen Jahren der Stagnation schon 2020 bei rekordverdächtigen 9,4 Mrd. €, so könnte dieser Wert 2021 noch einmal deutlich übertroffen werden. Erste Anzeichen und Marktbeobachtungen sprechen bereits dafür.
Wie nachhaltig die Pandemie allerdings die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen auch über diese Zeit hinaus stärken wird, oder ob es sich lediglich um einen Sondereffekt handelt, bleibt abzuwarten. Vieles spricht dafür, dass Grün ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität der Zukunft sein wird.
An der Katastrophe vorbeigeschrammt
Zu Beginn der Pandemie ließen sich die Folgen der Corona-Schutzmaßnahmen auf den Gartenbau kaum absehen. Zwischen Bangen und Hoffen herrschte große Unsicherheit, ob einerseits die Absatzwege für die „lebenden“, gartenbaulichen Produkte tatsächlich offen sein werden und andererseits, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher in finanziell unsicheren Zeiten tatsächlich Geld für Blumen und Pflanzen ausgeben werden oder die Ausgabenbereitschaft sinken wird.
Heute wissen wir, dass mit Ausnahme des ersten Lockdowns alle weiteren Lockdown-Phasen an den klassischen Verkaufszeiten für Grün „vorbeigeschrammt“ sind und sich Grün als Anker für Normalität und ein schönes Umfeld etabliert hat: Läden und Verbraucher waren offen für Grün!
Dadurch, dass die Verbraucher weniger Möglichkeiten hatten, in den sonst so ausgabenstarken Bereichen wie Reisen und Gastronomie aber auch Automobile zu investieren, rückten das eigene Haus, die Wohnung und der Garten in den letzten zwei Jahren deutlich stärker in den Fokus.
Viele nutzten die Möglichkeit, sich sinnvoll, motivierend und kreativ in den eigenen vier Wänden, auf dem Balkon oder im Garten zu beschäftigen und damit die wegfallenden Freizeitaktivitäten zu kompensieren und das eigene Wohlbefinden zu steigern. Haus und Garten wurden rekordverdächtig bespielt und verschönert.
Die Verbraucherausgaben stiegen laut AMI schon 2020 deutlich und der Gesamtmarkt verzeichnete mit 5,1 % im Vergleich zu 2019, sprich vor der Pandemie, ein noch nie beobachtetes Wachstum. Es setzte ein regelrechter Gartenboom ein. 2021 wird mit einer Steigerung des Marktvolumens zum Vorjahr in Höhe von 9 % gerechnet.
Darf‘s ein bisschen mehr sein?!
Die Pro-Kopf-Ausgaben in Deutschland für Blumen und Pflanzen stiegen laut AMI von 108 € (2019) auf 113 € (2020) und letztendlich auf 124 € (2021). Viele entdeckten 2020 erstmals ihre Liebe zu Pflanzen für den Garten oder das eigene Heim, Stichwort Home-Office, und sorgten als sogenannte Erstkunden für Wachstumsschübe in den verschiedenen Segmenten. Das Kundenaufkommen im Facheinzelhandel stieg laut Experteneinschätzung zwischen 10 und 20 %.
Gemeinsam mit der Bestandskundschaft sorgten die Erstkunden für Mehrausgaben in den verschiedenen Segmenten. Gerade für Stauden, Laubgehölze, grüne Zimmerpflanzen sowie Beet- und Balkon gaben die Verbraucher pro Kopf und Segment fast einen Euro mehr aus als in den Jahren zuvor. Laut Branchenexperten wurde allgemein gerne und gerne auch etwas mehr eingekauft – umgerechnet auf die rund 83,2 Mio. Bürger in Deutschland ein Garant für ein steigendes Marktvolumen.
Auch 2021 wurde im gärtnerischen Einzelhandel beobachtet, dass sich die Kunden Pflanzen gerne etwas mehr kosten ließen. Die Auswertung von Kassenbons zeigt, dass je nach Typ und Lage des Geschäfts die Kundschaft 2021 noch einmal durchschnittlich bis zu 20 % mehr je Kauf ausgab als schon im umsatzstarken Jahr 2020. Der durchschnittliche Kaufbetrag je Bon stieg laut Expertenaussagen mindestens um 10 %.
Bezüglich der Kundenzahlen wird festgestellt, dass sie sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau bewegen, der Zenit aber 2020 wohl erreicht wurde und die Kundenzahl 2021 nicht mehr wesentlich gesteigert werden konnte. Die Rekordwerte bei der Anzahl an Kunden aus 2020 konnte 2021 nicht übertroffen werden.
„Best Muttertag ever“ im Blumenfacheinzelhandel
Auch die Sonderverkaufstage liefen 2021 – abgesehen vom Valentinstag während des Lockdowns – sehr gut, wie die Blitzumfrage des Verbands für den deutschen Blumen- Groß- und Importhandel (BGI) zum Muttertag zeigt. Demnach kam das Angebot an Muttertag der hohen Nachfrage nicht hinterher. Nicht wenige Großhändler meldeten Umsatzsteigerungen von 40 % zu einem normalen Muttertagsgeschäft. Die Konsumenten nahmen höhere Preise und lange Wartezeiten gerne in Kauf, um wertige Blumen als Geschenk zu ergattern. Die Ausgabenbereitschaft zog deutlich an. Sträuße zwischen 30 bis 40 € im Verkauf waren 2021 eher der Standard als die Ausnahme.