Gute Stimmung unter den Beteiligten: Die diesjährige spoga + gafa ist soeben in Köln mit hohen Besucherzahlen und nach vielen Begegnungen in den Hallen zu Ende gegangen. Wie schon in den Vorjahren setzte der BHB auch diesmal einen starken Schlusspunkt mit der achten Auflage des BHB-GardenSummit, zu dem sich die Entscheider der Gartenbranche im Congress Centrum der KoelnMesse zusammenfanden. Das Motto „Klimafit und voller Werte“ definierte dabei die Leitplanken in einer herausfordernder Zeit. Die gemeinsame Message: Die Branche macht sich für die Anforderungen bereit und agiert aktiv.
Über 140 Teilnehmer konnte BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst im Congress Centrum der KoelnMesse begrüßen. Die meisten hatten die Messeumgebung in der Domstadt bereits sehr aktiv genutzt. Zu besprechen gab es genug: Nach einem sehr schwierigen Jahresauftakt laufen die Geschäfte mittlerweile zwar wesentlich besser, aber auch die grünen DIY-Geschäfte leiden unter den aktuellen Herausforderungen wie der hohen Inflation, nach wie vor Problemen entlang der Logistikkette und natürlich aktuell auch dem wettertechnisch schwierigen Jahresauftakt mit Umsatzverlusten besonders im Pflanzenbereich.
Doch neben diesen eher operativen Aspekten hatte die Branche den Blick auf die Zukunft gerichtet. Das Motto „Klimafit und voller Werte“ zeigte den Weg.
Dies treibt auch BHB-Vorstandsmitglied und Gartenhändler Alexander Kremer um. In seiner Keynote wies auch er auf die gute Stimmung und das positive Feedback zum gelungenen Austausch auf der Messe hin. Aber auch darauf, dass die Branche vor enormen Aufgaben steht. Als Impuls gab er den Zuhörern u.a. ein Humboldt-Zitat mit auf den Weg: „Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand“ – dies verknüpfte Kremer mit der Frage: Wie grün ist die Branche wirklich? Angesichts immer noch zu großer Mengen produzierten Kunststoffmülls entlang des gesamten Wareneingangs gelte es schnellstens Veränderungsprozesse anzustoßen. Denn die Gefahren des Klimawandels sind bereits für jeden heftig spürbar. Seine Message an die Summit-Teilnehmer: „Machen sie diese Aktivitäten und Ideen zu ihrer Herzensangelegenheit“. Seine Erfahrung dazu teilte er: Die Idee zur Konzeption seiner vier Naturgartencenter entstand aus einer simplen Diskussion mit seinem damals zehnjährigen Sohn, bei der sich viele komplizierte scheinende Dinge sinnvoll simplifiziert haben. Kleine Schritte auf einem langen, aber lohnenden Weg!
Auch in schwierigen Phasen gibt es hoffnungsvolle Ziele: Diese Botschaft hatte diesmal besonders GfK-Director Consumer Panels, Martin Langhauser, im Gepäck. Auf Basis des GfK-Panels Nonfood, gerechnet am Shoppingverhalten von 40,7 Mio. Haushalten, zeigte er zunächst eine nüchterne Zahlenbasis: 2022 sank der Anteil des Gesamtmarkts Garten um 8% (ca.13,5 Mrd. Euro) aufgrund der bekannten Parameter. 80 Prozent aller Nonfood- Konsumenten kaufen Gartenprodukte, geben dabei im Mittel 414 Euro im Jahr aus. Die gute Botschaft: Die Affinität der Shopper zum Garten nimmt zu. 2018 waren es 45,9 Prozent der Befragten, die Gartenarbeit und den Outdoor-Lifestyle lieben, 2022 sahen dies bereits 50,5% so – mit weiter steigender Tendenz. Besonders gilt das für die jüngeren Shopper: Bei ihnen ist der Anstieg der Gartenrelevanz also am größten – darauf gilt es sich einzurichten. Aber eben auch auf ihre besonderen Anforderungen: Die Gruppe der Millenials, die innerhalb der Käuferschicht besonders stark zulegt, braucht ein anders Maß an Emotionalität, an Werten und Verbindlichkeit. Genaue Zielgruppenanalyse wird also einer der entscheidenden Hebel des Handels werden.
In einer spannenden Podiumsdiskussion nahmen sich auch Einkaufs-Geschäftsführer Dominique Rotondi (toom Baumarkt), Michael Wittmann (GF Einkauf & Logistik Pflanzen Kölle), Dr. Jens Oldenburg (GF Stiftung Initiative Mehrweg) und BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst besonders der enormen Bedeutung des Megatrends Nachhaltigkeit an – und dies funktioniert, wie Alexander Kremer bereits klargestellt hatte, entscheidend über Vermeidung von Plastikmüll. Oldenburg stellte die Entwicklung und die Arbeit der Initative Mehrweg in Sachen Pflanzentrays vor, Rotondi und Wittmann zeigten ebenso anlaufende Alternativen aus ihren Unternehmen (auch solche im Teststadium) auf.
Die Überlegungen, eine gemeinsame Branchenlösung bei den wiederverwendbaren Pflanzentransportsystemen zu finden, stoßen auf einige Hindernisse und erfordern an vielen Stellen ein aufeinander Zugehen ebenso wie ein Eingreifen in bestehende und funktionierende Strukturen. Rotondi beschwor die Dynamik, die eine gemeinsame Lösung entwickeln kann, warnt aber auch die Gefahr einer monopolistischen Abhängigkeit. Das Ganze wird ein komplexer Prozess, erfordert viele Gespräche und Abstimmungen – aber, und da waren sich alle einig, alles andere als ein gemeinsames System bringt nicht die notwenige Lösung. Dass die Kunden solche klimafreundliche Ergebnisse einfordern werden, ist aber ebenso deutlich wie die Notwendigkeit, den Nachhaltigkeitsgedanken bei den Mitarbeitern in den Handelsunternehmen fest zu verankern.
Sie sind das derzeitige No-Go der Gartenszenerie: Schottergärten haben ihren schlechten Ruf als Verhinderer einer diversifizierten Flora und Fauna, aber auch als Aufheizungsfläche in den Siedlungsbereichen mehr als verdient, so Gartenexperte Tjards Wendebourg, GL Verlag Ulmer. Er zeigte mit eindrücklichen Bildern und Fakten, wie die Vermeidung von Schottergärten der Artenvielfalt aktuell enorm weiterhilft. Aber auch wirtschaftliche Aspekte spielen dabei eine Rolle: „Mit Kies verdient man keinen Schotter“ betonte Wendebourg und ermutigte den Gartenfachhandel, mit Engagement für den grünen und bunten Siedlungsgarten einzutreten.
Und der Chefredakteur des Fachmagazins Wirtschaftswoche, Horst von Buttlar, thematisierte in seinem Schlussgedanken die These vom „grünen Jahrzehnt und wie die Klimakrise die Wirtschaft revolutioniert“. Das Thema Dekarbonisierung im Besonderen beschäftigt alle Teile von Handel und Produktion schon aktuell – wichtige Entscheidungen stehen bevor, um Kipppunkte noch vermeiden zu können. Die wesentlichen Technologien dazu sind schon existent, ihr Einsatz muss nun effizient getaktet werden. Und es braucht enorme Investitionen, um den Energiehunger der Industriegesellschaften zu stillen.
Welche Probleme treiben die Branche? Reduzierung von Müll, Energieverbrauch – es gilt für jeden Beteiligten, den entscheidenden Hebel zu finden und schnellstmöglich anzusetzen. Buttlar sieht aber auch den Wendepunkt voraus, an dem die Menschen explizit bereit sind, für echte Klimaneutralität bei Handel und Produkten zu zahlen, was derzeit noch nicht der Fall ist. Die Nachhaltigkeitsstrategien der Unternehmen müssen übrigens absolute Chefsache sein – hier wies v. Buttlar auf die Fehler hin, die während der Umsetzung der Digitalisierung gemacht wurden, da das Thema unterschätzt wurde – dies dürfe diesmal nicht passieren.
Nachhaltigkeiten und Klimafitness waren übrigens auch in der begleitenden Kongressausstellung allgegenwärtig. Hier zeigten Hersteller und Dienstleister aus der Branche unter anderem neue Branchenlösungen und Recycling von gewerblich anfallenden Verpackungen, um individuelle Rücknahme- und Logistiklösungen. Die ideale Ergänzung zum Programm.