Zum 7. Mal lud der Verband des deutschen Blumen- Groß und Importhandels seine Mitgliedsbetriebe zu einem Thementag rund um den Schnittblumengroßhandel. In diesem Jahr fand die Veranstaltung am 15. Juni in der Veiling Rhein-Maas statt und führte über die niederländische Grenze zu Betrieben in die Rhein-Maas Region.
Veiling Rhein-Maas als neues BGI-Mitglied begrüßt
BGI-Vorstandsmitglied Christian Willeke bedankte sich in seiner Begrüßungsansprache zum BGI-Schnittblumentag bei Cees Hoekstra, Geschäftsführer der Veiling Rhein-Maas, für die Gastfreundschaft und begrüßte ausdrücklich den Wiedereintritt der Veiling Rhein-Maas in den BGI als Fördermitglied. „In vielen Bereichen gibt es eine gemeinsame Interessenlage in Richtung des Blumen- und Zierpflanzenmarktes, so dass sich eine ganze Reihe Felder für Informationsaustausch und Kooperationen ergeben“, so Willeke.
Die Veiling Rhein-Maas gab den anwesenden Großhändlern, die laut Cees Hoekstra einen wesentlichen Teil des Gesamtumsatzes der Veiling Rhein-Maas ausmachen, auch gleich einen Überblick über ihr Serviceangebot: den Klokservice als Direktvertriebsabteilung, den Webshop und das Dienstleistungsportfolio des Servicecenters für die Warenlogistik nach dem Kauf. Außerdem fanden Führungen durch die am Standort Herongen ansässigen Betriebe Blumengroßhandel Cornielje und Green Zone statt. Bei Cornielje konnten die Teilnehmer die maschinelle Produktion hochwertiger Blumensträuße für den Einzelhandel in Augenschein nehmen, während bei Greenzone, dem Experten für Schnittgrün und Schnittblumen für Floristen, Qualitäts- und Beschaffungsfragen im Vordergrund standen.
Schnittblumenmarkt leicht über der Gesamtmarktentwicklung
Zuvor stand im Rahmen des BGI-Schnittblumentages die Marktentwicklung im Mittelpunkt. Britta Tröster (Foto), Marktexpertin Blumen & Zierpflanzen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) schilderte eindringlich die fortschreitende Veränderung des Zierpflanzenmarktes seit 2019.
Der private und institutionelle Verbrauch zu Einzelhandelspreisen lag mit 8,9 Mrd. € 2022 leicht unter dem Vor-Pandemieniveau mit Pro-Kopf-Ausgaben von 106 €.
Pandemie beschleunigt Marktbewegung in Richtung Systemhandel
Im Vergleich zu 2019 steigerte der Systemhandel seine Marktbedeutung. 37 % der Ausgaben und 70 % der Mengen wurden 2022 im Systemhandel umgesetzt. „Die preisaffinen Kunden gehen dem Fachhandel verloren“, so Tröster. 48 % der Ausgaben für Schnittblumen fallen auf den Geschenkmarkt, diese anlassbezogene Floristik wird weiterhin vorrangig im Fachhandel gekauft. Seit der Pandemie hat der LEH allerdings auch dieses Feld mit einem wertigeren Produktangebot für sich entdeckt. So wurden zum Valentin, zum Frauentag und zum Muttertag vermehrt Werbeaktionen für Mischsträuße durchgeführt.
Fachhandel muss Transformationsprozess einleiten
Dieses statistische Szenario spiegelte sich auch im Vortrag von Manfred Hoffmann wieder, der aus der Sicht des Fachverbandes Deutscher Floristen ein Bild des Blumenfachhandels zeichnete. Den Preiskampf mit dem LEH dürfe der Fachhandel nicht mehr führen, so Hoffmann. Vielmehr müsse das Produkt und der Anlass die Basis für kleine und große emotionale Inszenierungen sein, mit besonderen Sorten und einer individuellen Ästhetik.
Floristen brauchen ein neues Berufsbild
Dazu gehört nach Auffassung von Hoffmann, dass sich das Berufsbild der Floristin bzw. Floristen neu erfinden muss. „Wer sich heute für diesen Beruf entscheidet, arbeitet für eine Zielgruppe, die bereit ist, für ein Blumenarrangement 50 € auszugeben. Diese 30 bis 40-jährigen Konsumenten werden ihre Bereitschaft mehr zu zahlen auch ins Alter weitertragen“, ist Hoffmann überzeugt und darüber hinaus: „Die neuen Floristen werden auch andere Ansprüche – beispielsweise an ihr Arbeitsumfeld – haben.“ Um interessant für den Nachwuchs zu bleiben, gelte es über Arbeits- und Öffnungszeiten nachzudenken und auch das Sortiment werde sich den Vorlieben anpassen. Hier werden Regionalität und Nachhaltigkeit eine wachsende Rolle spielen, da sich dies mit dem Selbstverständnis der Kunden und Floristen deckt.
Gesamtsortiment wird internationaler
Henk Weijs, Business Development Manager von Royal FloraHolland sprach im Anschluss über die langfristigen Perspektiven bei der Sortimentsentwicklung und der Warenbeschaffung. Der Rückgang der Anliefermengen aus den Niederlanden sei nicht so ausgeprägt gewesen wie anfangs diskutiert und befürchtet wurde, betonte Weijs. Dennoch sei das Vertrauen der niederländischen Erzeuger in die Zukunft ihrer Unterglas-Betriebe aufgrund der politischen Stimmungslage gesunken.
Globale Warenbeschaffung mit hohem Qualitätsanspruch
Bei der Warenbeschaffung gibt es im Warenangebot der Versteigerung eine spürbare Verschiebung in Richtung des internationalen Angebots. Aus diesem Grund werde das Bestellmanagement, die Qualitätskontrolle vor und nach der Ernte vor Ort, die Sortierung und Aufbereitung für den Transport und die logistische Abwicklung viel intensiver und mit eigenen Mitarbeitern in Afrika und Südamerika begleitet. Auch die weltweite digitale Marktplattform Floriday als B2B Handelsplatz werde zum entscheidenden Faktor. „Das Gesamtsortiment wächst stabil weiter“, so Weijs, „es wird aber für eine Reihe von Produktgruppen internationaler.“
GGN Konsumentenlabel soll Markenstandard für Produkte werden
Im Zusammenhang mit der Internationalisierung des Angebots stand auch der Vortrag von Sarah von Fintel, Key Account Manager Floriculture bei Global G.A.P. Mit dem neuen GGN Label soll auf Verbraucherebene mehr Transparenz im globalen Handel geschaffen werden um dem Nachhaltigkeitsanspruch der Konsumenten zu entsprechen. Zertifizierte Betriebe können mit dem Label ihre Produkte aus den Bereichen Obst, Gemüse, Zuchtfisch & Algen, Blumen & Pflanzen auszeichnen.
Eine Identifikationsnummer ermöglicht die Rückverfolgbarkeit der Produkte zu den Betrieben. Die Eingabe der Nummer führt im Suchsystem des Label-Portals zu einem Betriebsprofil des Produzenten. Die POS Kommunikation über das Label in Richtung der Konsumenten soll noch deutlich ausgeweitet werden, um einen Markenstandard zu setzen. 2023 und 2024 sollen essbare Pflanzen und gemischte Blumensträuße als neue Kategorien hinzukommen.
Betriebsbesuche in der Region Rhein-Maas
Am Nachmittag des Schnittblumentages stand eine Bustour zu zwei niederländischen Betrieben auf dem Programm.
Rosengärtnerei Van der Hulst
Die drei familiengeführten Betriebe der Rosengärtnerei Van der Hulst in Meterik kultivieren 16 verschiedene Rosensorten, die überwiegend über die Versteigerungen von Royal Flora Holland und Plantion vermarktet werden. Neue Rosensorten werden in Kooperation mit dem Züchter Kordes getestet. Linda und Koen van der Hulst führten durch den Betrieb, in dem man die Rosen auch direkt im eigenen Verkaufsraum und am Rosenautomat erwerben kann. Auch auf technischem Gebiet wurde für eine möglichst effiziente Produktion investiert. So wurden im Gewächshaus Entfeuchtungsanlagen eingebaut, durch die der Gasverbrauch der Heizungsanlage um ein Viertel gesenkt werden konnte.
Hoogers Schnittzweige und Päonien
Zum Abschluss des Tages erläuterte Peter Hoogers von der Gärtnerei Hoogers die Besonderheiten der Kultur hochwertiger Beerenzweige wie Ilex verticillata und Symphoricarpos. Dabei vermittelte er den Teilnehmern auf beeindruckende Art und Weise wie viele spannende Geschichten von der Befruchtung mit Hilfe von Bienenvölkern über die Besonderheiten bei der Pflege und Ernte sich über diese Kulturen erzählen lassen. Eine Botschaft über die Wertigkeit dieser saisonalen Produkte, die im Handel neben den großblütigen, ganzjährig verfügbaren Artikeln so oft eine Nebenrolle spielen. Auch Pfingstrosen mit ihren langjährigen Standzeiten benötigen besondere Aufmerksamkeit und ein sorgfältiges Vorgehen bei der Ernte, erläuterte Hoogers, damit die Pflanzen nicht zu sehr geschwächt und der richtige Reifegrad für ein hochwertiges Endprodukt getroffen wird.
Nachhaltiger Eindruck
Die Teilnehmer des BGI-Schnittblumentages zeigten sich begeistert von den vielen Informationen und Eindrücken, die der Tag an der Veiling und der Region ihnen vermitteln konnte. Für BGI-Geschäftsführer Frank Zeiler lautete das Fazit: „Unsere Branche ist mitten in einem Transformationsprozess, deshalb ist es dem BGI so wichtig, aktuelle Eindrücke und persönliche Gespräche vor Ort zu vermitteln. Was wir heute gemeinsam erlebt und erfahren haben, kann eine Video-Konferenz nicht ersetzen, auch wenn das manchmal der leichtere Weg zu sein scheint, ist der nachhaltige Eindruck in der Regel geringer. Wir freuen uns daher ganz besonders über die große Resonanz und das positive Feedback der Teilnehmer zu unserer Veranstaltung.“