Sind Torfersatzprodukte genügend verfügbar?

von Bernhard Simon

Stellvertretend für die Substratbranche haben die europäische Dachorganisation Growing Media Europe (GME) und der Industrieverband Garten (IVG) e.V. in einem offenen Brief der Aussage des in Braunschweig ansässigen Thünen-Instituts widersprochen, dass genügend Torfersatzprodukte verfügbar wären, um Torf in der europäischen Kultursubstratproduktion vollständig zu ersetzen. Der offene Brief liegt hier zum Download bereit.

 Das Thünen-Institut hat kürzlich ein Arbeitspapier veröffentlicht mit dem Titel „Torfersatz in gartenbaulichen Kultursubstraten: Verfügbarkeit biobasierter Alternativmaterialien“. Darin werden Zwischenergebnisse einer Studie zur europaweiten Verfügbarkeit von Torfersatzprodukten für die Substratproduktion publiziert. Das Papier kommt zu dem Gesamtschluss, dass genügend Torfersatzprodukte verfügbar wären, um Torf in der europäischen Kultursubstratproduktion vollständig zu ersetzen. Hierzu haben Growing Media Europe (GME) und der Industrieverband Garten (IVG) e.V. stellvertretend für die Substratbranche in einem offenen Brief an das in Braunschweig ansässige Thünen-Institut eine Gegendarstellung veröffentlicht. 

„In dieser Gegendarstellung werden Schwachstellen in der Modellierung der Studie diskutiert“, sagt Cecilia Luetgebrune, Generalsekretärin von GME. „Dabei haben wir die Ergebnisse der Studie mit den Erfahrungen aus der Praxis verglichen.“ GME und IVG kommen zu dem Schluss, dass die postulierte Annahme falsch sei, da sie auf veralteten, unvollständigen Datensätzen basiere und die Realitäten sowohl der Marktsituation der jeweiligen Rohstoffe als auch der (gesetzlich) geforderten Qualitäts- und Sicherheitsstandards von Kultursubstraten ignoriere. 

Eine andere aktuelle Studie von Blok et al 2021 erwartet sogar, dass es in Zukunft zu einem noch weitaus höheren Bedarf an Substraten kommen wird. Die Zunahme der Weltbevölkerung wird eine Effizienzsteigerung der Landwirtschaft nach sich ziehen, unterstützt durch einen wachsenden Sektor des „geschützten Anbaus“ unter Glas, unter Photovoltaikanlagen in Folientunneln oder im Bereich des Vertical Farmings. „Die Folgen des möglichen Mehrbedarfs wurden im Hinblick auf die Verfügbarkeit gängiger Substratinhaltsstoffe analysiert“, erklärt Anna Hackstein, Geschäftsführerin des IVG. „Die Hochrechnungen gehen davon aus, dass sich die Nutzung stark in den asiatischen Raum verlagern wird, aber dass global gesehen, die Torfbedarfsmenge trotz Reduzierungsstrategien von 40 Millionen m3 im Jahr 2017 auf 80 Millionen m3 im Jahr 2050 ansteigt.“ 

„Die Zwischenergebnisse dürfen nicht als Referenz dienen, um aktuell anstehende politische Entscheidungen zu katalysieren, wenn erhebliche Schäden für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt vermieden werden sollen“, kommentiert Hackstein das Arbeitspapier des Thünen-Instituts. „Die Industrie ist gewillt, mit der Sammlung und Verbreitung aktueller Daten zur Analyse der Ist-Situation beizutragen.“

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